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Alt 03.06.2007, 21:39:05   #33
sven
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Registriert seit: 02.02.2006
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Standard

Zitat:
Zitat von BW
Wenn man zu den Zusammenhängen noch kein richtiges "Gefühl"
entwickeln konnte (Konnte ich bisher auch noch nicht!), dann kann man
zwar im Netz sehr viele Erklärungen/Erklärungsversuch zu diesem Thema
finden, muß aber zuerst jedes Mal abklären, ob dargelegten "Fakten"
überhaupt stimmen können...
Hi BW!
Ich denke ich weiß was du meinst, deshalb hab' ich ja auch in diesem
Thread immer versucht den Sachverhalt nicht mit vielen Formeln, son-
dern in möglichst einfachen Worten zu erklären, damit die Grundidee
sichtbar wird.
Ein (das?) Problem an einer rein formalen Herleitung ist, daß auch
wenn die Formeln an sich stimmen und korrekt umgeformt ineinander
eingesetzt werden das Ergebnis trotzdem falsch sein kann, einfach weil
der Sachverhalt mit diesen Formeln nicht treffend beschrieben wird.
Man kann da innerhalb weniger Zeilen den Überblick verlieren, und das ist
der Punkt, wo man sowas wie "Gefühl" braucht. Und zwar ein Gefühl das
einem sagt: "Moment mal, kann das überhaupt stimmen was ich mir da
formal hergeleitet hab', ist das irgendwie plausibel?"

Eine sehr gute und oft anwendbare Methode die Plausibilität von
irgendwelchen Berechnungen/Herleitungen zu überprüfen ist der
Energiesatz: Kommt hinten auch wirklich das raus, was vorne reingesteckt
wurde?
Das mag in unserem Fall nicht unmittelbar anwendbar scheinen, aber im
Prinzip läuft es darauf hinaus. Mal ganz in's Unreine gesprochen:
Robbie fragt danach, wie er das Letzte aus seinem Motor rausholen kann.
Jemand rät ihm, den Motor dazu nicht mit maximaler Leistung zu
betreiben. Das ist irgendwie komisch, oder? Das geht einem so rein
gefühlsmäßig doch ganz furchtbar gegen den Strich, findest du nicht?

So, und jetzt kannst du anfangen, die ganze Geschichte mal rückwärts
aufzudröseln. Dazu bieten sich auf den ersten Blick zwei Wege an. Der
eine läuft sozusagen über die beschleunigende Kraft am Hinterrad.
Die ist proportional zum Drehmoment dort und das wieder ist proportional
zu dem an der Kurbelwelle. Spricht anscheinend für die
"Drehmomenttheorie". Aber Halt, wenn wir höher drehen, haben wir zwar
weniger Drehmoment an der Welle, dafür können wir aber auch mit
kürzerer Übersetzung fahren. Jetzt müßte man mal ausrechnen, was
günstiger ist... und damit fängt das Elend an, da ist zum zweiten Mal
Gefühl gefragt, und zwar lautet die Frage diesmal: "Muß das wirklich so
kompliziert gerechnet werden? Kann man sich das nicht einfacher
überlegen?"
Kann man. Und zwar wenn man sich überlegt, daß zum Beschleunigen
auf eine höhere Geschwindigkeit Energie nötig ist, und daß diese Energie
irgendwo herkommen muß.
Glücklicherweise gibt der Motor Leistung ab, und wenn man ihn das eine
Zeitlang machen läßt, auch Energie.
Jetzt soll möglichst stark beschleunigt werden, d.h. die zur Beschleunigung
nötige Arbeit (=Zunahme der kinetischen Energie von GS mit Robbie, die
ja wohl beide nicht masselos sind), soll in kürzest möglicher Zeit geleistet
werden. Das geht aber dann am schnellsten, wenn der Motor pro Zeit ein
Maximum an Arbeit leistet, was nichts anderes heißt als: maximale
Leistung abgibt. Und das tut er nunmal nicht bei der Drehzahl mit dem
besten Drehmoment, sondern bei der mit der höchsten Leistung.
Und jetzt, oh Wunder!, sieht man auch plötzlich ohne komplizierte
Berechnungen mit Übersetzung hier und 9549 da, daß bei Nenndrehzahl
das Drehmoment am Hinterrad bzw. die an dessen Umfang wirkende Kraft
höher ist als wenn der Motor mit maximalem Drehmoment arbeitet:
Leistung = Kraft * Geschwindigkeit, bzw.
Kraft = Leistung/Geschwindigkeit,
das heißt, wenn Robbie mit einer bestimmten Geschwindigkeit fährt, ist
die zur Beschleunigung zur Verfügung stehende Kraft dann am größten,
wenn der Motor am meisten Leistung abgibt.

Und ganz am Schluß nochmal ein Beispiel von wegen Plausibilität:
Bei der Roller-Variomatikfrage, wo es darum ging wie man die Verstellung
der Übersetzung am günstigsten justiert, da sind wir doch davon
ausgegangen, daß man das so einstellen kann, daß bei allen möglichen
Fahrgeschwindigkeiten die Motordrehzahl immer konstant bleibt. Die Frage
war, soll man das besser auf die Drehzahl mit maximalem Drehmoment
einstellen oder auf die Nenndrehzahl?
Dazu nur soviel: wenn die Drehzahl bei jeder Geschwindigkeit konstant
bleibt, dann natürlich auch bei der Höchstgeschwindigkeit. Wenn die
Variomatik aber so eingestellt ist, daß immer nur maximales Drehmoment
vorhanden ist, dann fährst du auch bei Höchstgeschwindigkeit damit und
eben nicht mit maximaler Leistung.
Für ne optimale Einstellung ist das irgendwie komisch, oder?

Gruß
Sven
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